Lernsituation

Nach KREMER und SLOANE gilt: „In neuen lernfeldstrukturierten Curricula werden nicht Fächer vorgegeben, sondern sogenannte Lernfelder. Der Unterricht soll auf diesen Lernfeldern aufbauen und bereits über die organisatorische Struktur fächerübergreifend und handlungsorientiert gestaltet werden. Lernfelder werden aus Handlungsfeldern (Tätigkeitsfeldern) abgeleitet. Die bekannte Ordnung nach Unterrichtsfächern wird durch eine handlungslogische Struktur ersetzt.“ Und weiter: „Lernfelder werden für die Unterrichtsarbeit in Form von Lernsituationen präzisiert. Wir verstehen diese Lernsituationen didaktisch i. S. von komplexen Lehr-Lernarrangements. Bei der Gestaltung der Lernsituationen resp. Von Unterricht muss daher der Bezug zu den ‚individuellen‘ Handlungsfeldern der Lernenden wieder hergestellt werden. Dies zeigt sich dadurch, dass die in Lernsituationen angebotene Theorie in einen Anwendungszusammenhang gebracht wird. Das erworbene Wissen bezieht sich nicht abstrakt auf die Wirklichkeit, sondern kann auf konkrete Handlungsfelder und deren Problemstellungen bezogen werden. Eine Grundidee ist somit, Lerntransfer durch den Erwerb situierter Theorie zu unterstützen.“ Hier zeigt sich, „dass es keinen Widerspruch zwischen der Vermittlung von Fachtheorie (Fachinhalte) auf der einen Seite und Lernfeldern bzw. daraus abgeleiteten Lernsituationen auf der anderen Seite gibt. Vielmehr stellen Lernfelder neue Ordnungssysteme für das Fachwissen dar.“ KREMER, H., SLOANE, P.: Lernen in Lernfeldern. Brühl 2000, 72-73.

Mögliche Schlüsselfragen

  • Sind die gewünschten Kompetenz- und Inhaltsbereiche der Lernsituation erfasst?
    Hier geht es insbesondere auch um die Förderung von Methoden- und Sozialkompetenz sowie der Lern- und Planungskompetenz wie auch der kommunikativen Kompetenz.
  • Ist die Lernsituation in das Lernfeld einbezogen bzw. auf die vorhergehenden und nachfolgenden Lernsituationen bezogen? Gegebenenfalls ist eine Korrektur bzw. Anpassung notwendig.
  • Ordnet sich die Lernsituation in die Komplexheit des Arbeitsprozesses richtig ein?
  • Ist eine ausreichende Transferleistung von der Werkstatterfahrung hin zur Modell- bzw. Theoriebildung möglich?
  • Sind die sächlichen Voraussetzungen (Zugang zu Informationen, Räume, Medien und technische Ausstattung, ggf. betriebliche Umsetzung) und die personalen Voraussetzungen (fachliche und prozessuale Qualifikationen der Lehrer, notwendige Absprachen) gegeben und sind der Zeitpunkt sowie die Inhalte mit der betrieblichen Situation abgestimmt?
  • Ist die Lernsituation so gestaltet, dass ein unterschiedliches Zugangs- und Lösungsniveau zur Berücksichtigung der individuellen Lernprozesse der Betroffenen gegeben und eine Leistungsdifferenzierung möglich ist?
  • Sind Lernerfolgskontrollen durch Eigen- und/oder Fremdbewertung berücksichtigt?

Lernsituationen sequenzieren

Lernsituationen strukturieren den Gesamtlernprozess im Lernfeld. Sie bauen aufeinander auf, um die schrittweise Kompetenz- und Lernentwicklung der Lerngruppe zu gewährleisten.

Die Sequenzierung der Lernsituationen stützt die Verknüpfungen der Lernsituationen untereinander und verweist auf die Beziehung/Vernetzung zu weiteren, aufbauenden und/oder transferfördernden Lernsituationen anderer Lernfelder.

Die Anordnung ermöglicht es auch, die fachlogischen Zusammenhänge im Gesamtlernprozess des Lernfeldes zu erfassen und in der Planung hinreichend zu berücksichtigen.

Vertiefungs- und Transferphasen (Dekontextualisierung des Wissens) werden damit innerhalb oder auch begleitend zu Lernsituationen hinreichend didaktisch begründbar (vgl. Deisenroth, H./Lösche, H.-J. u. a.: Didaktische Jahresplanung, Soest 2002).

Basics von Lernsituationen im Überblick:

  • Eine Lernsituation ist ein Lehr-/Lernarrangement, das Handlungs- und Sozialkompetenz fördert, eine komplexe Problemstellung beinhaltet, deren Lösung eine Kooperation benötigt und in der Schülerinnen und Schüler einen Nutzen für sich erkennen können.
  • Lernsituationen dürfen sich nicht grundsätzlich auf berufliche Handlungssituationen begrenzen, sondern sie müssen die individuelle und gesellschaftliche Lebensumwelt mit einbeziehen.
  • Lernsituationen sind didaktisch begründete und unterrichtlich aufbereitete Handlungssituationen.
  • Lernsituationen sind mehrdimensional und beschreiben eine Aufgabe mit Praxisbezug
  • Lernsituationen gehören zu einem Lernfeld.

Beispiel einer Lernsituationsplanung

Ausbildungsberuf: KFZ-Mechatroniker, Ausbildungsjahr: 2.
Lernfeld 5: Prüfen und Instandsetzen der Energieversorgungs- und Starteranlage
Benennung der Lernsituation: Kundenbeanstandung: Ladekontrolle leuchtet
Erstellt von: M. Menzel, AGB Löhne, Erstellungsdatum : 04.05.2005, Schul-/Ausbildungsjahr: 2
Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler:

  • Messen mit dem Multimeter und dem Oszilloskop,
  • Lesen einfacher Schaltpläne,
  • Klemmenbezeichnungen,
  • einfacher Stromkreis,
  • Regelkreis und
  • Umgang mit Bosch Tester KTS 520

Erforderliche Unterrichtsbedingungen:

  • Werkzeug zum Zerlegen des Generators
  • Ausgebaute Generatoren
  • Komplettes Fahrzeug oder aufgebauter Motor
  • Multimeter
  • Oszilloskop
  • Schaltpläne
  • Schnittzeichnungen von Generatoren
  • Bosch Technische Unterrichtung Generator
  • Bosch ESItronic
  • Bosch Tester KTS 520 oder 550

Schule

Beschreibung der Lernsituation (Szenario): Kunde kommt in die Werkstatt, da die Generatorkontrolle leuchtet.Konkrete Aufgabenstellung:

  • Erstellen eines Werkstattauftrages
  • Analyse von Fehlermöglichkeiten durch Ishikawa-Diagramm
  • Eingrenzen des Fehlers durch Fehlersuchplan (Gruppenarbeit)
  • Fehler durch geeignete Messung eingrenzen
  • Funktionsbeschreibung des Ladestromkreises erstellen (Fachbuch)
  • Schaltplan: 3 Stromkreise farbig markieren (1. Vorerregung 2. Erregung 3. Haupt- Ladestromkreis)
  • Analyse der Bauteile des Generators durch Zerlegen
  • Fehler durch fachgerechte Reparatur beseitigen

Lehrplan

Zielformulierung (Auswahl aus dem Lehrplan)

  • Strukturanalyse durch Bauteileermittlung
  • Fehlersuchpläne einsetzen können
  • Stromkreise des Generators kennen lernen
  • Stromlaufpläne analysieren können
  • Messmittelauswahl
  • Reparaturtechniken anwenden

Inhalte (Auswahl aus dem Lehrplan)

  • Wirtschafts- und Betriebslehre
    • Auftragsannahme
    • Kostenberechnung
Handlungsphasen der LerngruppeMögliche Methoden, Medien, Sozialformen
AnalysierenS. analysieren die Kundenbeanstandung und sichten das Info-MaterialEinzelarbeit, Schülervortrag,
Diskussion im Plenum
Schaltpläne, Fachbuch,
Schnittzeichnungen, Bedienungsanleitungen
PlanenGruppenbildung
Zeitlichen Ablauf/Vorgehensweise festlegen
Informationsbeschaffungswege festlegen
Präsentationsumfang und Art festlegen
Wandplakat
Gruppenarbeit
Bosch ESItronic
AusführenWerkstattauftrag anhand von vorgegeben Formularen erstellen
Zerlegen von alten Generatoren
Bauteilskizze und Bauteilliste erstellen
S. analysieren Schaltpläne des Ladestromkreises und der Erregerstromkreise
S. markieren Stromkreise verschiedenfarbig und erstellen eine Tabelle mit Kabelfarben, Querschnitten und Klemmenbezeichnungen
Erstellen eines möglichen Fehlersuchplanes und Vergleichen mit später gegebenen Fehlersuchplan
S. führen Messungen am Fahrzeug durch und erstellen ein Messprotokoll
S. lokalisieren den Fehler mit Hilfe des Ishikawa-Diagramms
S. wählen geeigneten Reparaturweg aus und erstellen einen Arbeitsplan
S. setzen Ladeanlage instand
Übungsaufgaben zum Generator werden gelöst
Bearbeiten von Rechenaufgaben zur Ladeanlage
Gruppenarbeit
Lehrervortrag
Werkstatt
Gruppenarbeit
Werkstatt
Partnerarbeit, CBT
Bewerten/
Präsentieren
Arbeitsgruppen stellen ihre Dokumente und Lösungswege vor
Bewertung durch die Klasse nach Bewertungsraster aus LF 1
Vortragsstil wird analysiert 
Schülervorträge
Diskussion
ReflektierenWas kann besser gemacht werden?
Alternativen zur Vorgehnsweise
Gruppenbildung in Ordnung?
Wandplakat
Schülervortrag/ Unterrichtsgespräch
SicherungLernerfolgsüberprüfung durch Test 
VertiefenKabelbruch in Kl. 61 ermitteln
Ausblick auf neue Systeme (Startergenerator (KSG)
42 Volt-Bordnetz
Wassergekühlter Generator
Schleifringloser Generator (VW Phaeton)