Kompetenz
Kompetenz bezeichnet meist die erreichte Beherrschung einer Sache, eines Systems und den intelligenten Umgang mit diesen. Aber auch die Befugnis zur Delegation bzw. zur Bestimmung einer Zuständigkeit wird als Kompetenz bezeichnet. Sie ist stets – im Gegensatz zur Qualifikation – subjektbezogen, d. h. auf eine bestimmte Person gerichtet. Kompetenz schließt die allgemeine Fähigkeit ein, konkrete Handlungen jeweils neu generieren zu können. Aus allgemeinen Kompetenzen heraus soll ein situativer Transfer beliebig möglich werden. (vgl. Schlüsselqualifikation)
Insbesondere MERTENS, als ehemaliger Leiter des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, KERN/SCHUHMANN als Industriesoziologen sowie u. a. BAETHGE als Berufspädagoge gingen aufgrund des seit dem massenhaften Einsatzes Neuer Technologien immer schnelleren technologischen Wandels, der damit einhergehenden schnellen Veraltensrate des zur Zeit geltenden Wissens und der schwierigen Prognostizierbarkeit von zukünftigen Arbeitsbedingungen und technischen Entwicklungen davon aus, dass der Fortbestand der Unternehmen am ehesten durch umfassende berufliche „Handlungsfähigkeit“ der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesichert werden kann.
Diese Handlungsfähigkeit, die über eine bloße „Funktionsfähigkeit“ hinausgeht, soll ihrer Meinung nach im einzelnen durch längerfristig beschreibbare fächerübergreifende Basis- und Querschnittsqualifikationen, sogenannte Schlüsselqualifikationen (vgl. MERTENS 1974, REETZ 1989, ZABECK 1989, GEISSLER 1990, RAUNER 1990, ISRAEL/LÖSCHE 1992, SACHS 1993) angestrebt, Bildungsansprüche des Individuums berücksichtigen und durch ein geringeres Ausmaß arbeitsteiliger Betriebsorganisation gesichert werden (vgl. DUISMANN/LÖSCHE 1993).
DREYFUS/DREYFUS (1987) kommen letztlich zu einer ähnlichen Beschreibung und Unterscheidung des Qualifikationsbegriffs. Sie haben zunächst fünf hierarchisch aufsteigende Stufen menschlicher Fähigkeiten im Arbeitsprozess unterschieden: den „Neuling“, den „fortgeschrittenen Anfänger“, den „kompetenten Akteur“, den „Profi“ und den „Experten“. Die von ihnen
„vorgeschlagene und entwickelte Systematik reicht über die in der Qualifikationsforschung verbreitete Anwendung der Handlungsregulationstheorie hinaus, da sie in ganzheitlicher (komplex vernetzter) Perspektive, insbesondere die in der angelsächsischer Literatur viel beachtenden Dimensionen des Tacit Knowledge und der Tacit Skills aufnimmt und konkretisiert.“ (RAUNER/ZEYMER 1991, 29).
Erst beide Begriffe zusammen – das unausgesprochene, stillschweigend sich erarbeitete bzw. vorhandene Wissen (Knowledge) und die stillschweigend vorhandenen Fertigkeiten und Fähigkeiten (Skills) – erschließen das, was über die Qualifikation und über eine mechanisierte Kooperationssituation hinausgeht und als Kompetenz gilt.
DREYFUS/DREYFUS schätzen in diesem Zusammenhang die Potentiale computerunterstützter Systeme, unter Einbeziehung von Expertensystemen geringer ein als die der menschlichen Experten mit ihren vielfältigen Erfahrungen und damit letztlich diesen unterlegen. Für sie basieren die menschlichen Fähigkeiten „nicht auf den Prinzipien computerunterstützter Wissensverarbeitung, wie sie bei Expertensystemen angewendet werden, sondern auf einer holistischen Kompetenz, die durch eine eher holografische Verarbeitung von Erfahrungen in tausend einzelnen Fällen geprägt ist. Sie erlauben es dem Menschen im Arbeitsprozess, einzelne Fälle zu erkennen, zu vergleichen und zu behandeln“ (RAUNER/ZEYMER 1991, 29).
Die hierarchisch aufsteigenden Stufen der Arbeitskompetenz bei DREYFUS/DREYFUS lassen sich in zwei Gruppen unterteilen. Die ersten drei, nämlich: der „Neuling“, der „fortgeschrittene Anfänger“ und der „kompetente Akteur“ beziehen sich auf Fähigkeiten, die auf den „bewussten Gebrauch kalkulierender Rationalität“ begrenzt sind, die anderen beiden Stufen, der „Profi“ und der „Experte“ gehen darüber hinaus und bedürfen einer „Intuition und besonnener Rationalität“ (vgl. RAUNER/ZEYMER, 105). Die personalen Fähigkeiten auf den beiden höchsten Entwicklungsstufen als Profi bzw. Experte sind – nach dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Forschung – kaum geeignet, in einem Algorithmus transformiert zu werden, der es gestattet, diese in ein Expertensystem zu übertragen und bleiben damit der „künstlichen Intelligenz“ verschlossen. Sie sind typisch menschliche Fähigkeiten, im Englischen werden diese beiden Gruppen mit den Begriffen „Know that“ und „Know how“ unterschieden. Auch hier ist – in den Ebenen vergleichbar mit den Begriffen „Tacit Knowledge“ und „Tacit Skills“ – letztlich zwischen der „reinen“ Qualifikation am Arbeitsplatz als ökonomische Nachfragegröße (Know that), tayloristisch erfassbar, und der Arbeitskompetenz verstanden als komplex vernetzte Bildung bezogen auf die jeweilige Persönlichkeit (Know how), ohne erkennbaren Algorithmus, zu unterscheiden.
In der Regel wird der Begriff in konkretisierenden Zusammenhängen gebraucht, z. B. Handlungskompetenz, „Humankompetenz“ u. ä.
Das Erlangen einer Kompetenz, insbesondere der beruflichen Handlungskompetenz, ist das Ziel der entsprechenden Ausbildung.